Gerichtsentscheidungen

Grundsatz der Produktneutralität gilt nicht grenzenlos (OLG Karlsruhe, 15.11.2013, 15 Verg 5/13)

Öffentliche Auftraggeber dürfen den Beschaffungsbedarf nach ihren Erfordernissen festlegen, auch wenn darunter der Wettbewerb leidet. Die Festlegung muss aber auf einem sachlichen Grund beruhen.

Das Baden-Württembergische Innenministerium wollte seine Software für die polizeiliche Einsatzleitstelle um eine Notrufvermittlungsfunktion und eine Sprachdokumentation erweitern. Es vergab den Auftrag nach den Vorschriften der VSVgV im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb an den Hersteller, der schon die Leitstellen-Software entwickelte.

Ein Konkurrent sah darin einen Wettbewerbsverstoß. Indem keine neue Software entwickelt, sondern die bestehende erweitert werden sollte, sei der Wettbewerb von vornherein ausgeschaltet.

Kein Wettbewerb um jeden Preis!

Die Richter gaben der Praxis des öffentlichen Auftraggebers dennoch grünes Licht. Wegen Ausschließlichkeitsrechten des Entwicklers der ursprünglichen Software durfte das Innenministerium auf einen Teilnahmewettbewerb verzichten. Öffentliche Auftraggeber können nicht gezwungen werden, nur um des Wettbewerbs willen eine völlig neue Software auszuschreiben. Vielmehr durfte das Innenministerium seine bestehende und bewährte Software fortentwickeln.

Anders liegt es aber, wenn ein bestehendes System Schnittstellen für die Integration von Drittsoftware besitzt. In diesem Fall muss der Auftrag im Wettbewerb vergeben werden, so dass jedes Unternehmen mit einer eigenen Softwareentwicklung an die Schnittstellen „andocken“ kann.