Will ein öffentlicher Auftraggeber wegen Sicherheitsinteressen auf ein Vergabeverfahren verzichten, muss er nachweisen, dass dies zur Wahrung der Sicherheitsinteressen erforderlich ist. Das entschied der EuGH im Fall einer direkten Vergabe von Druckaufträgen für Legitimationspapiere.
Gemäß Art. 346 Abs. 1 a) AEUV ist ein Mitgliedstaat
„nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seines Erachtens seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widerspricht“
Daran orientieren sich auch die europäischen Vergaberichtlinien und die Vorschriften des §§ 107 Abs. 2 Nr. 1, 117 GWB. Weil in Vergabeverfahren häufig auch sensible Informationen weitergegeben werden müssen, können öffentliche Auftraggeber im Einzelfall bei Sicherheitsinteressen auf Vergabeverfahren verzichten.
Der EuGH stellte nun nochmals klar: Art. 346 Abs. 1 a) AUEV ist eng auszulegen und die Voraussetzungen sind im Zweifel vom öffentlichen Auftraggeber nachzuweisen. Die bloße Berufung auf Sicherheitsinteressen reicht nicht aus. Die Durchführung eines Vergabeverfahrens muss Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten beeinträchtigen, die sich nicht durch Bedingungen im Vergabeverfahren, wie etwa besondere Geheimhaltungs- und Sicherheitsanforderungen an den Auftragnehmer, schützen lassen.
Dies konnte der öffentliche Auftraggeber im Fall der Druckaufträge nicht nachweisen, weil sich alle angeführten Sicherheitsbedenken mit sehr hohen Vergabeanforderungen ausräumen ließen. Die Folge: Bei der Vergabe von Druckaufträgen für Legitimationspapiere muss ein Vergabeverfahren durchgeführt werden.